27. Mai 2016, Freitag
Fahrtag von Balakovo nach Oktjabrsk
Die Entfernungen in Russland sind schon
etwas anders als bei uns. Die Straßen zum Teil auch, so dass es
dauert. Ein Zwischen- oder auch Endziel sollte der Nationalpark
Khvalyrisk sein. An einem Nationalpark, da müsste es Parkplätze und
Möglichkeiten sich zu betätigen geben. Die höchste Erhebung mit
370m Höhe ist hier auch in der Nähe. Also ein lohnenswertes Ziel.
Rein in die Rajonstadt. Eine schöne russisch - orthodoxe Kirche
empfängt uns im Zentrum.


Gegenüber im Museum fragen wir nach dem
Nationalpark. Ein freundlicher Rentner setzt sich in sein Auto, fährt
vor uns her und führt uns zum Nationalparkzentrum. Er vermittelt uns
an zwei Frauen und plötzlich ist er weg. Danke an den
Uneigennützigen! Das sind schöne Situationen, so selbstverständlich
und hilfsbereit! Zwei Frauen von der Nationalparkverwaltung kümmern
sich um uns. Als ich erwähne, dass wir aus Neustrelitz kommern sagt
die jüngeren: ich habe meine ersten vier Lebensjahre in Rechlin
verlebt. Es haut mich um, für sie verbindet sich damit ganz wenig.
Meine Freude kann sie so richtig nicht verstehen. Ist eben ein
Lebensabschnitt, an den sie keine Erinnerungen hat. Ganz normal.
Nationalparks sind hier wohl mehr auf
Gruppen und Führungen spezialisiert, auf Individualtouristen ist man
hier nicht eingestellt. Der Rest der Wohnmobilisten möchte auch
nicht weit laufen, so dass wir beschließen weiter zu fahren.
Bei Oktjabrsk kommen wir in einen
langen Stau, Superhandy Klara hat den Blick übers Internet auf den
Stau und wir biegen ab nach Oktjabrsk. Eine Stadt ist das nicht,
obwohl auf der Baedecker-Karte eingezeichnet. Hier führt eine
Eisenbahnbrücke über die Wolga.
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| In Oktjabrsk, Weg zur Wolga |
Wo stellen wir uns hin? Am
Dorfspielplatz ist eine ebene und gerade Fläche, hier spielen die
Kinder und die Eltern schwatzen miteinander. Wir fragen, ob wir
stören und hier übernachten können. Kein Problem kommt als
Antwort. Unser Russisch ist immer noch nicht besser geworden, aber
die Verständigung klappt schon ganz gut. Liebe Menschen, wir fühlen
uns hier in der Fremde ganz sicher.
28. Mai 2016, Sonnabend
Unser nächstes Zwischenziel ist der
nächste Nationalpark "Samarskaja Luka". Die Wolga bildet
hier in einer weiten Schleife eine riesige Halbinsel. Die beiden
Großstädte Togliatti und Samara liegen am Rande. Hier müsste man
doch gut stehen und baden können. Da wo wir hin wollen führt ein
löchriger Feldweg hin. Wo könnte der Stadtstrand von Schigulowsk
sein. Klara findet den Weg und wir werden in der kalten Wolga wieder
sauber. Wir könnten hier bleiben, aber der Platz wird am Abend von
der Jugend bevölkert werden und ist deshalb für uns nicht so
geeignet.
Ich versuche vorm Baden auf einen
kleinen Felsen zu wandern. Auf direktem Weg geht das nicht. Alle
früheren Wege sind mit Wohnhäusern zugebaut. Es gibt von hier aus
keinen Weg auf den Felsen, der nur rund 400m entfernt ist. Überall
Grenzen durch Grundstücke. Am Wasser kommt man auch nicht entlang.
Schade!
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| Wolgabadestrand |
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| Auf die Felsen kommt man von hier aus nicht. Schade! |
Am späten Nachmittag weiter nach
Samara. 1,2 Mio Einwohner. Da kann man nur an einem Hotelparkplatz
stehen. Die Platzsuche klappt fast auf Anhieb. Ok, kein schöner
Platz, dafür aber sicher, eben und in der Nähe der Stadtpromenade.
Ein Glücksgriff! Mein Gott, was ist
hier los! Lebensfreude pur. So viele Leute sind unterwegs, Inliner
brausen über die Promenade, kleine Seagways rollen motorgetrieben
entlang, Radfahrer schlängeln sich durch die unzähligen
Spaziergänger. Eis- und Getränkestände sorgen für das leibliche
Wohl.
Sonnabend Abend - sehen und gesehen werden - ein Wimmelbild -
Freund Goethe würde sagen: hier bin ich Mensch, hier darf ichs sein.
Wir landen zum Schluss in einer
Gaststätte mit Live-Musik. Es ist unglaublich schön hier.
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| Hinten - unsere Band |
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| Hier vorn schlafen wir und werden oben von der Geistlichkeit behütet |
29. Mai 2016, Sonntag
Nach dem Frühstück
Fahrräder raus und die Stadt erkunden. Heute ist Samara-Marathon,
10km Inlinern war auch dabei. Das wärs gewesen nach 12x
Berlin-Marathon auf acht Rollen, hier in Samara rollen. Am Ziel ist
noch die Abschlussparty. Freude pur.
Wir rollen mit unseren
Elektrofahrrädern an der Schiguli-Brauerei vorbei immer weiter die
Promenade entlang bis zum Flusshafen für die Kreuzfahrtschiffe.
Überall freudige Menschen, die die warmen Temperaturen, die Sonne
und den Sonntag genießen.
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| Ein Flußkreuzfahrer legt an |
Durch eine Blamage bilden
wir uns weiter. Auf dem Balkan und in der Türkei gibt es Raki, das
ist hochprozentiger Alkohol. Hier gibt es auch Raki, das sind aber
eingelegte Krebse wie wir jetzt wissen. Petra deutet durch
Handzeichen und den Begriff Alkohol an, ob diese den wenigstens in
Alkohol eingelegt sind damit sie sich Raki nennen dürfen.
Ungläubiger, mitleidiger Gesichtsausdruck der Verkäuferin. Also
Klara fragen: Krebs = Rak. Aber Krebse = Krabi.
Als die deutsche Wehrmacht vor Moskau
stand, wurde Samara, für den Fall des Verlustes Moskaus, als
Ersatzhauptstadt festgelegt. Teile der Militärverwaltung, das
Außenministerium, das gesamte diplomatische Korps wurden nach dem
damaligen Kuibyschew verlegt. Zu Sowjetzeiten war Kuibyschew, heute
wieder Samara, für Ausländer gesperrt. Aus dieser Zeit stammt der
Stalinbunker, angeblich der tiefste Bunker der Welt. 1942 unter der
Kunstakademie in nur neun Monaten fertiggestellt und bis zum
Zusammenbruch der Sowjetunion nur ganz wenigen Leuten bekannt.
diejenigen, die den Bunker bauten haben nicht lange gelebt. Absolute
Geheimhaltung.
Ich war selbst in der Kommunalpolitik,
habe aber immer gefragt: Würde ich das mit meinem eigenen Geld auch
so machen. In vielen Fällen war meine Antwort: nein.
Am Abend sind wir geschafft, ein Bier
mit 8% Alkoholgehalt und ab in die
Welt des Schlafes.
30. Mai 2016, Montag
Es sind noch rund 700 km bis nach
Tschaikowski, wir liegen gut in der Zeit. Kasan war für den Rückweg
vorgesehen, könnten wir jetzt vorziehen. Das finden wir eine gute
Idee, so gewinnen wir für den langen Weg nach Hause etwas Zeit. Auf
nach Kasan, der Hauptstadt Tatarstans.
Es wird ein reiner Fahrtag. Wieder:
russische Weite und russische Straßen.
Ab der Republicksgrenze ändert sich
das Bild. Es gibt wieder Dörfer in größerer Zahl, die Dächer sind
überall neu, die Fassaden ebenfalls. Wälder sorgen für einen
angenehmen Blick, die Straße wird besser. Es wirkt alles
organisierter. Hier wird Gas und Öl gefördert, alles etwas
wohlhabender.
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| Oelpumpen bei der Arbeit |
Bis Kasan schaffen wir es nicht. In
Chistopol an der Kama ist ein schöner Stadtstrand mit Park und
Bademöglichkeit. Hier können wir gut bleiben. Nur der straffe
Nordostwind stört. Mit jungen Leuten haben wir ein sehr nettes
Gespräch per Händen und Füßen und Übersetzungshilfen. Sie würden
uns gern morgen die Stadt zeigen.
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| Chistopol - Kirche und Park |
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